2016-02-28 Update: Echo der Zeit – Sarah Nowotny – Daten die verwirren
2016-02-28 Update: Update 2016-02-28 Unsere Prognose von 56% NEIN Stimmen war um 2.9% zu tief
Dieser Beitrag publizieren wir im Zusammenhang mit dem der BarCamp / Session welche ich am Campaigning Summit Switzerland 2016 halten werde:
Campaigns: 10 Schlüsselelemente für den durchschlagenden Erfolg
Weitere Blogeinträge zum Barcamp sind:
1. Erfolgreiche Kampagnen: Politik und Marketing – Firmen, Parteien und NGOs
2. Abstimmung => Zur Durchsetzung der Ausschaffung krimineller Ausländer (Durchsetzungsinitiative) – Sie sind hier
3. Crowdfunding Kampagnen für die todkranke Ilayda Yildiz
4. Campaigning: Quo Vadis
5. 10 KOSTENLOSE Social Media Monitoring Tools die wir nutzten
Auch auf unserem kanadischen Blog haben wir das Thema Kampagnen aufgegriffen mit einer Serie von Einträgen. Der erste ist: Yes Virginia, pollsters really are wrong
Heute geht es um die Durchsetzungsinitiative in der Schweiz die am 28. February 2016 zur Abstimmung kommt.
1. Durchsetzungsinitiative – Um was geht es
Die Abstimmung ist nötig, weil die Initianten ihre Vorstellung durchsetzen wollen, wie die Ausschaffungsinitiative umzusetzen sei.
Der Präsident der FDP erklärt in diesem Video, warum diese Initiative unmenschlich, unverhältnissmässig und unrechtmässig ist.
[youtube]https://www.youtube.com/watch?v=HEFsmBH4UDA[/youtube]
Die Durchsetzungsinitiative wird das Einhalten internationaler Verträge für die Schweiz noch schwieriger machen.
Dies hat Matthias Mahlmann kurz dokumentiert und hier erläutert:
Ebenfalls lesenswert:
Raselli Niccolò (2016). Die Durchsetzungsinitiative – ein Monstrum. Aufgerufen am 20 Februar, 2016 auf
2. Wie läuft die Kampagne?
Das Wort Kampagne kann mit Ebene, Feldzug oder flaches Land (Italienisch – campagna) umschrieben werden (siehe Duden).
Eine Kampagne ist der koordinierte Effort auf ein definiertes Ziel hinzuarbeiten.
Doch auch Abstimmungen sind vor ungeplanten Überraschungen nicht gefeit. Kurz nachdem Bruno Zuppinger von der SVP zum Kandidaten für den Bundesrat nominiert wurde, verbreitete die Weltwoche eine Hiobsbotschaft im Dezember 2011. Die Nachricht war, dass der Unternehmer Zuppinger das Erbe einer verstorbenen Mitarbeiterin veruntreut habe. Dies veranlasste die SVP ihren Zürcher Bundesratskandidaten postwendend aus dem Rennen zu nehmen (siehe NZZ).
[su_custom_gallery source=“media: 5223″ limit=“7″ link=“image“ target=“blank“ width=“755px“ height=“455px“ Title=“Ein Referendum oder Initiative ist nur dann erfolgreich, wenn die Initianten die Abstimmung gewinnen.“ alt=“Ein Referendum oder Initiative ist nur dann erfolgreich, wenn die Initianten die Abstimmung gewinnen.“]
Die Kampagne wird natürlich auch von Medien besprochen in Beiträgen, Artikeln, Interviews, usw. Diese Informationen werden dann auch oft direkt von Journalisten oder aber Lesern / Zuhörern über Social Media weiter im Netz verbreitet.
Doch nicht immer ist die angebotene Information korrekt, manchmal ist diese schlichtweg falsch wie wir unten aufzeigen.
3. Bundesamt für Statistik oder Bundesamt für Justiz?
Neben Enthüllungen der Presse wie oben im Fall Zuppinger beschrieben, gibt es aber auch noch die Art der Medien Fakten und Tatsachen falsch zu präsentieren. Wir erläutern dies hier anhand der Sendung Echo der Zeit und dem Bundesamt für Justiz.
Zur Information: Die Ausschaffungsinitiative wurde am 10 Juni 2010 in der Abstimmung vom Volk angenommen. Wenn die Durchsetzungsinitiative abgelehnt wird, wird die Ausschaffungsinitiative wie unten im Dokument erläutert umgesetzt:
Die Statistiker des Bundesamt für Statistik (BFA) haben anhand der von ihnen erhobenen Daten im Strafvollzug und bei Gerichten versucht zu errechnen „what if…“
Unter der Annahme, dass die Ausschaffungsinitiative schon 2014 voll umgesetzt wurde, errechnete das BFS wieviele Ausländer unter dieser Annahme ausgeschafft worden wären. Die Zahl beläuft sich für das Jahr 2014 auf 3863 (siehe Tabelle unten).
Unter der Annahme dass die Durchsetzungsinitiative (Abstimmung Februar 28) schon 2014 voll umgesetzt gewesen wäre, hätte dies laut dem Bundesamt für Statistik zu Ausschaffungen von10,210 Ausländern geführt.
[su_custom_gallery source=“media: 5040″ limit=“7″ link=“image“ target=“blank“ width=“780px“ height=“288px“ Title=“Durchsetzungs-Initiative SVP oder Umsetzung gemaess Parlament:Ausweisung der Ausländer – Zahlen anhand der 2014 Daten – Auswirkungen gemaess Bundesamt fuer Statistik“ alt=“Durchsetzungs-Initiative SVP oder Umsetzung gemaess Parlament: Ausweisung der Ausländer – Zahlen anhand der 2014 Daten – Auswirkungen gemaess Bundesamt fuer Statistik“]
Umsetzung der Ausschaffungsinitiative – Statistische Informationen aus der Urteilsstatistik zur Umsetzung der Ausschaffungsinitiative
Doch um dies Daten richtig zu interpretieren, müssen wir die Angaben vom Bundesamt für Statistik genau lesen.
Beim Beitrag im Echo der Zeit 2016-01-26 wurden die Informationen nicht genau studiert.
Medien beeinflussen den Erfolg einer Kampagne
Man schreibt einige griffige Schlagzeile, doch diese wiedergibt nicht unbedingt richtig den Inhalt des Beitrages.
[su_custom_gallery source=“media: 5036″ limit=“7″ link=“image“ target=“blank“ width=“780px“ height=“289px“ Title=“Durchsetzungs-Initiative CH SRF Echo der Zeit – was rauskommt wenn weder Reporter noch Redaktorin Grundkenntnisse im Rechnen und Statistik besitzen“ alt=“Durchsetzungs-Initiative CH SRF Echo der Zeit – was rauskommt wenn weder Reporter noch Redaktorin Grundkenntnisse im Rechnen und Statistik besitzen“]
1.40 Min im SRF Beitrag der Sendung Echo der Zeit: Beitrag, Sarah Nowotny von SRF redet von Kaffeesatz lesen und holt Ingrid Ryser vom Bundesamt für Justiz zu Rate
Update 2016-02-28 Echo der Zeit
Sarah Nowotny erzählt am Ende des Echo der Zeit Beitrages (5.25 Min) (2016-02-28):
… es könnte sogar sein, dass die Richter gleichviele oder sogar mehr kriminelle Ausländer ausschaffen als wenn es jetzt ein ja zur Durchsetzungsinitiative gegeben hätte…
Aber Frau Nowotny versteht ja die vom Bundesamt vorgelegten Statistiken nicht (siehe Kommentar unten) … . Diese zeigen auf, dass eine Interpration wie diejenige von Frau Nowotny nicht wirklich möglich ist (siehe Tabelle oben mit Zahlen vom Bundesamt für Statistik).
4. Zufallsprinzip: Kann ich den Angaben trauen?
Neben den Journalisten welche mit ihren richtigen oder falschen Informationen Kampagnen beeinflussen, tun dies auch Vorabstimmungsanalysen. Die letzteren können z.B. dazu führen, dass sich Gegner oder Befürworter einer Abstimmung doch noch aufraffen ihre Stimme abzugeben. Natürlich, dies in der Hoffnung die Initiative oder das Gesetz angenommen oder abgelehnt wird.
Doch wie gut sind diese Analysen?
Die SRF beauftragte wie üblich das GFS mit der Vorabstimmungsanalyse zur eidg. Abstimmung vom 28. Februar 2016.
[su_custom_gallery source=“media: 5212″ limit=“7″ link=“image“ target=“blank“ width=“780px“ height=“529px“ Title=“Das Ja-Lager hat nur noch 46% der teilnahmewilligen Stimmbuerger auf seiner Seite. Die Gegner der Initiative fuehren nun mit 49%. “ alt=“Das Ja-Lager hat nur noch 46% der teilnahmewilligen Stimmbuerger auf seiner Seite. Die Gegner der Initiative fuehren nun mit 49%.“]
Hier die Angaben auf der SRF Seite zur obigen Grafik = Durchsetzungsinitiative – schwindelnder Rückhalt in der Bevölkerung,
Wie die Grafik unten (Methodik) zeigt, wurde die Stichprobe nicht nach dem Zufallsprinzip durchgeführt wie in Tabelle 1 erklärt.
[su_box title=“Tabelle 1: Kann ich dieser geschichteten Zufallsprobe trauen ? “ box_color=“#86bac5″ title_color=“#ffffff“ radius=“5″ width=“px 700″ ]1. Ist meine Stichprobe okay?
Hier wurde die Auswahl anhand der Swisscom Directories gemacht – gepooled – will heissen alle Telefonbüchern in einer Datei für die Zufallsselektion.
Laut Urs Schäppi CEO Swisscom (2016-02 Medienkonferenz) haben ca. 60% der Haushalte noch einen Festnetzanschluss (Deutschland ebenfalls ca. 65%). Der Rest ist nur über das Mobil erreichbar und diese Nummern sind im Verzeichnis, laut Swisscom, nicht gut abgedeckt.
Fazit: Ungefähr 30% der CH Bevölkerung ist nicht Teil des von GFK genutzten Pools von Telefonnummern. Somit konnten Stimmbürger deren Nummer nicht registriert ist, nicht nach dem Zufallsprinzip für diese Umfrage selektioniert werden.
2. Wie wurden die Sprachregionen selektioniert?
Der Abschnitt im Bericht der GFK zeigt
„DCH: 704, n WCH: 404, n ICH: 303 “
Rund 9 % der stimmberechtigten sind in der Schweiz Italienisch sprechend. Die GFK hat für die Stichprobenziehung die Schweiz in Sprachregionen eingeteilt. In jeder Region wurde eine Zufallsstichprobe gezogen. Diese Art der Ziehung entspricht einer geschichteten Stichprobe, bei der die Sprachregionen als Schichten verwendet werden.
Doch Anhand der Kalkulationen (stimmberechtigte in der Schweiz) und des Anteils der italienischsprechenden Bevölkerung = ca. 9%, erhalten wir ca 460’000 stimmberechtigte Schweizer die Italienisch sprechen.
Wenn ich eine Fehlerquote von 2.7% anstrebe, werden weit mehr als 303 Teilnehmer benötigt als in der von GFK gezogenen „Stichprobe“.
Siehe Erklärung wie das funktioniert auf Deutsch. Zum Nachrechnen hat die der National Statistical Service Australia ein Online Tool zur Verfügung gestellt.
Fazit: Theoretisch – gemäss dem National Statistical Service, wäre die Fehlerquote für die italienische Stichprobe… ca +/- 5.7% Dies bedeutet, dass wenn 58% der Befragten die Durchsetzungsinitiative befürworten, schwankt die Prognose für Ja Stimmen zwischen 52.3% bis 63.7%
Demzufolge ist die Prognose für den italienisch sprechenden Teil der stimmberechtigten Bevölkerung relativ ungenau. Wie gut ist der Rest….?
Anhand dieser Zahlen und obigen Problematik der Umfrageergebnisse (Validität und Reliabilität) ist unser Forecast, dass die Schweizer Bevölkerung die Durchsetzungsinitiative mit etwa 56% NEIN stimmen ablehnen wird.
[/su_box]
Update 2016-02-28 Unsere Prognose (siehe = oben) von 56% NEIN Stimmen war 2.9% zu tief… nicht schlecht
[su_custom_gallery source=“media: 5316″ limit=“7″ link=“image“ target=“blank“ width=“780px“ height=“529px“ Title=“58.9% der Schweizer und 18.5 der Kantone sagen NEIN zur Durchsetzungsinitiative der SVP #Abst16 #DSInein “ alt=“58.9% der Schweizer und 18.5 der Kantone sagen NEIN zur Durchsetzungsinitiative der SVP. #Abst16 #DSInein“]
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Anhand der oben aufgeführten 2 Punkte in der Tabelle ist klar ersichtlich, dass die Umfrage sauber gemacht wurde. Trotzdem ist diese kaum repräsentativ.
Die vorliegende Befragungsreihe wurde vom gfs-Befragungsdienst realisiert, die Berichterstattung nahm das Forschungsinstitut gfs.bern vor. Befragt wurden 1411 repräsentativ ausgewählte Stimmberechtigte in der ganzen Schweiz. Um sprachregionale Aussagen machen zu können, haben wir die Sprachminderheiten überproportional berücksichtigt. Diese wurden, um nationale Aussagen machen zu können, wieder ins richtige Verhältnis gebracht.
Das obigen Zitat welche auf Seite 13 im Schlussbericht erscheint zeigt, dass die Stichprobe nicht die Regeln des Zufallsprinzips berücksichtig. Deshalb macht die Angabe des Fehlers in der Stichprobe von +/- 2.7% keinen Sinn.
[su_custom_gallery source=“media: 5248″ limit=“7″ link=“image“ target=“blank“ width=“780px“ height=“529px“ Title=“Das Ja-Lager hat nur noch 46% der teilnahmewilligen Stimmbuerger auf seiner Seite. Die Gegner der Initiative fuehren nun mit 49%. “ alt=“Das Ja-Lager hat nur noch 46% der teilnahmewilligen Stimmbuerger auf seiner Seite. Die Gegner der Initiative fuehren nun mit 49%.“]
Durchsetzungsinitiative – schwindelnder Rückhalt in der Bevölkerung
Das obige Beispiel zeigt, auch in der Schweiz sind Vorababstimmungsanalysen nicht billig. Mehrere tausend Anrufe sind notwendig um 300 Antworten (stimmberechtigteSchweizer die Italienisch sprechen) zu bekommen (UK und USA 20’000 – 40’000 Anrufe für 1,000 Antworten).
Ebenfalls werden in der Schweiz meistens nur von einer Organisation solche Analysen durchgeführt. Doch Best Practice zeigt, dass mehrere Analyse von mehreren Anbietern eine bessere Einschätzung der Lage ermöglichen. Doch hier ist wohl die Marktgrösse – sprich kleine Schweiz – ein Hindernis um mehrere Anbieter ein ansprechbares Auskommen mit Vorabstimmungsanalysen zu ermöglichen..
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5. Was ist Ihre Meinung? Mitdiskutieren!
– Wie wissen Sie, dass sie den Angaben eines Meinungsforscher trauen können?
– Was denken Sie, wird die Durchsetzungsinitiative angenommen?
– Finden Sie es gut, dass wir in der Schweiz Abstimmungsanalysen nur von einer Firma bekommen (statt 5 oder 6 Anbieter)?
Interessante Informationen zum Thema
— Bundesamt für Statistik – Ressourcen Seite zur Abstimmung Ausschaffungsinitiative Juni 2010 und Durchsetungsinitiative Februar 29, 2016 – Welche Kantone habe wie abgestimmt.
— Zweite Gotthard-Röhre verliert an Zustimmung
— Für die Abschaffung der Heiratsstrafe wird’s eng
— Spekulationsstopp bei Nahrungsmitteln findet weniger Zustimmung
— Caritas Zürich empfiehlt NEIN für die Durchsetzungsinitiative