Technische Hilfsmittel machen datengesteuertes Krisenmanagement einfacher und schneller. Doch der Teufel liegt auch hier im Detail. Die Qualität der Daten (z.B. Influencer Marketing) oder deren richtige Interpretation (NZZ und wer mehr streamt geht öfter ins Kino – wirklich?) sind elementar. Die Coronakrise zeigt auch, dass falsche Sparübungen negative Auswirkungen haben, welche sich bei der Bekämpfung einer Pandemie rächen (z.B. Budgetkürzungen am falschen Ort).
Präsident Donald Trump’s Meldungen auf Twitter zur #CoronaKrise sind schon heute vom Wahlkampf geprägt und verärgern die Gouverneure oder aber führen dazu, dass Twitter einen Fact Check Link einem Tweet hinzufügt. Präsident Trump hat sich auch schon per Dekret an Twitter gerächt.
Kürzlich fragte mich ein Teenager zu diesem Thema:
Wie können wir Pandemien zukünftig besser managen?
Teenager frägt drkpi®
Die Antwort auf die Frage bringt dieser Beitrag mit Beispielen aus der Schweiz, Deutschland, UK und den USA.
Rankings und das US Gesundheitssystem
Ranglisten werden mittlerweile in inflationärem Mass produziert. Doch solche Rankings können auch immer wieder methodische Schwächen haben. Im Zusammenhang mit dem Coronavirus und der Problematik von Ranglisten ist der Global Health Security Index interessant. In der global vernetzten Welt kennen Krankheitserreger keine Grenzen. Sie verbreiten sich rasend schnell. Als Antwort auf Sars haben die 194 Mitgliedsländer der Weltgesundheitsorganisation (WHO) im Mai 2005 die aktualisierten International Health Regulations (IHR) angenommen. Die Mitgliedsländer verpflichteten sich in diesen Regularien, eine Art globaler Pandemieplan umzusetzen.
Darin werden einige Faktoren überprüft, um festzustellen, wie gut die Gesundheitssysteme in verschiedenen Ländern funktionieren. Prinzipiell sind reichere Länder besser für Epidemien gerüstet als ärmere.
Global Health Security Index
Der Indexwert im Global Health Security Index reicht von 0 – 100 und wird dafür genutzt, den Grad der Pandemie- und Epidemievorsorge in einem Land festzustellen.
Bei 195 verglichenen Ländern landet Österreich mit 58.5 Punkten auf dem 26. Platz. Deutschland landet auf dem Platz 14 mit 66 Punkten, knapp hinter der Schweiz mit 67 Punkten auf Platz 13.
Die USA sind mit grossem Abstand die Nummer 1 in der Rangliste mit 83,4 Punkten aus 100 Maximalpunkten, gefolgt von Grossbritannien mit 77.9 Punkten auf Platz 2. Spanien dagegen mit 65.9 Punkten landet auf Platz 15 und Italien mit 56.2 Punkten auf Platz 31. Ghana mit 35,5 Punkten auf Position 105 von 195 Ländern. Kann diese Rangliste noch stimmen, wenn wenn wir uns die Covid-19 Infektionen in den beiden Top Ländern anschauen?
Global Health Security Index: Praxistest USA
Das Gesundheitssystem in den USA is stark fragmentiert und privatisiert. Die US Regierung bezahlt z.B. über Medicare (Senioren) und Medicaid (Arme Bevölkerung) und über andere Wege mehr als 50% der gesamten Gesundheitskosten. 4 oder mehr Prozent der Amerikaner – je nach Gegend – haben allerdings keine Krankenversicherung. Manchmal bis zu 80% der Patientenaufenthalte einer Klinik werden über Medicare und Medicaid bezahlt. Doch die Preise, die diese staatlichen Versicherungssysteme an die Kliniken zahlen, sind oftmals nicht für verschiedene Eingriffe kostendeckend (siehe Hook, Leslie 2020-05-2/3). How coronavirus broke the US healthcare system – FT S. 14/15).
Die obigen Faktoren haben zur Folge, dass rund 30%-40% der amerikanischen Kliniken ein hohes kurzfristiges Risiko der Zahlungsunfähigkeit haben. Alle 3 Wochen schliesst eine Klinik auf dem Lande. Anfang März 2020 hatten die USA 15 Fälle von Covid-19. Präsident Donald Trump hat zur selben Zeit verkündet, dass mehr als 4 Mio Test-Kits innerhalb einer Woche zur Verfügung gestellt würden. Doch auch 10 Wochen später – Mitte Mai – war dies noch nicht der Fall und bis anhin wurden weniger als 3% der Bevölkerung getestet. Und die Zahl der Infizierten wuchs rasant.
Heute ist die USA die #1 bei Todesfällen, Infektionen und vielleicht auch Missmanagement. Zum Beispiel versucht das Center für Disease Control (CDC) seit Wochen, einen Corona Test zu entwickeln. Dabei gab es schon Ende Januar von der WHO genehmigte Tests aus Deutschland zum Import (siehe auch Luce, Edward 2020-05-16/17. Trump and the great coronavirus meltdown. FT, Life & Arts, S. 1 & 15).
Präsident Trump liess sich durch seine Vorurteile leiten anstatt auf die Wissenschaft zu hören. So etwas können wir uns bei einer Pandemie nicht leisten. Auch die Konfiszierung von Beatmungsgeräten im Transit zeugt von Chaos im Krisenmanagement. Beispielsweise wurden Im April 600 Beamtmungsgeräte auf deren Route von China über Miami nach Brasilien gestoppt. Anfangs Mai beim Stopover zur Kerosinauftankung in New York waren es 250 Geräte, welche die USA zurückbehalten haben.
Auch Präsident Trump’s Behauptung, dass wir in ein paar Monaten eine Impfung gegen Corona Virus haben werden, ist erstaunlich. Im Durchschnitt dauert es 10.71 Jahre um einen Impfstoff zu entwickeln. Nur gerade 6% der Forschung auf diesem Gebiete führt zum Erfolg.
Der Tweet von Präsident Trump und der Fact Check Link von Twitter (anklicken zur Ansicht). Der Präsident ist schon heute im Wahlkampfmodus, und macht sich Sorgen um seine Wähler in Bundesstaaten welche hart vom Coronavirus betroffen sind.
📌 In Michigan hat er bei der Wahl von 2016 die 11 electoral Votes mit nur 11,000 Wählerstimmen gewonnen – einer 0.26% Marge.
🔎 Die #Coronakrise: Fast 55,000 Leute wurden in Michigan positiv auf Coronavirus getestet und 5,266 sind gestorben. Nach NY, NJ und MA die viert-höchste Zahl von Toten. Das könnte einige Wähler verärgern….. doch Trumps Antwort und #Fake News sind hier nicht hilfreich, um die Krise in den Griff zu bekommen. Vielmehr ist es eine gelungene Ablenkung von mangelhaftem Krisenmanagement.
👉 2020-05-27 Mittwoch versah Twitter zum ersten Mal auch die Tweets des Sprechers des chinesischen Aussenministeriums mit Hinweisen. Dies nachdem er behauptet hatte, dass das Coronavirus vom amerikanischen Militär geschaffen worden sei.
PS. Auch der britische Premierminister Boris Johnson liess sich von Vorurteilen und seiner eigenen Meinung leiten. Diese Einstellung hat sich wohl durch seine Einlieferung auf die Intensivstation ein wenig geändert. Doch solche Fehleinschätzungen führen zu Missmanagement und der daraus folgende Schaden ist immens.
Fazit: Rankings helfen nicht immer beim Krisenmanagement
Das US Beispiel zeigt, dass ein Ranking, welches auf dem Ausfüllen eines Fragebogens basiert, nicht unbedingt gut voraussagt, wie die Dinge in der Praxis funktionieren. Die USA hat zur Zeit mehr als 100’000 Coronavirus Tote zu beklagen.
Donald Trump hat mehr als 80 Millionen Followers auf Twitter. Er verbreitet dabei täglich mehrmals seine wüsten Behauptungen, Verschwörungstheorien und Beschimpfungen an ein weltweites Publikum. Diese Art von Krisenkommunikation hilt nicht die Coronakrise besser zu managen.
Kommunikation und datengesteuertes Krisenmanagement Schweiz
Im Global Health Security Index landet die Schweiz mit 67 Punkten auf Platz 13. Während der Coronakrise hat sich gezeigt, dass viele Zusammenhänge wichtig sind, um eine Pandemie effektiv managen zu können. Diese haben oft keine Korrelation mit der Punktzahl, welche die Schweiz beim Global Health Security Index erreicht hat.
Beispielsweise hat das Schweizer Militär während der Coronakrise wichtige Aufgaben übernommen. Nichtdestotrotz wurden die aufgebotenen Sanitätstruppen gebeten, für die ersten 2 Tage die Verpflegung gleich mitzubringen. Nicht gerade ein Vertrauensbeweis in Sachen Organisation und Krisenmanagement.
Das Fax ist NICHT das Problem…
Der Bund hatte Mühe die Fallzahlen zu ermitteln, obwohl Ärzte und Laboratorien verpflichtet waren, Fälle innerhalb von 24 Stunden dem Bundesamt für Gesundheit (BAG) zu melden. Die Formulare dazu sind auf der BAG Webseite in PDF Format erhältlich. Sie können aber nicht direkt am Computer bearbeitet werden, sondern müssen zuerst ausgedruckt, von Hand ausgefüllt und per FAX an das BAG übermittelt werden. Dort werden diese handschriftlichen Daten in die Datenbank händisch eingetragen.
Dieses FAX Problem, das seit 2012 bekannt ist, haben wir bereits diskutiert. Eine externe Evaluation hat in 2012 festgestellt, dass die Übermittlung der Daten via Fax nicht effizient ist und zu einem unnötigen Risiko für Fehler bei der Eingabe in die Datenbank führen kann. Das BAG kündigte daraufhin ein elektronisches Meldesystem für 2013/14 für Ärzte an. 2020 sagt uns die Website, dass an einem elektronischen Übermittlungssystem für Laboratorien gearbeitet wird und für Ärzte sei das System weit fortgeschritten. Doch während der Covid-19-Pandemie ist es immer noch nicht erhältlich. Warum dauert das so lange?
Hier zeigt sich, dass das Fax nicht das Problem ist. Dass wir jedoch dieses Risiko nicht rechtzeitigt beseitigt haben führte dazu, dass es in Zeiten der Krise aufgedeckt und als Schwachpunkt identifiziert wurde.
Debakel mit den Masken
Das obige Plakat zeigt, dass in der Schweiz das Bundesamt für Gesundheit das Tragen von Mund-und-Nasenschutz empfiehlt. Gemäss Daten tragen z.B. in der Region Zürich nur 5 bis 10% der Gäste im öV eine Maske. Doch wie geht das in Zukunft, wenn in den Stosszeiten der 2 Meter Abstand nicht mehr eingehalten werden kann?
In der vom Coronavirus hervorgerufenen „ausserordentlichen Lage“ sagt der Bund, wie die Pandemie gehandhabt wird. Grundlage ist die „Verordnung über die Koordination des Verkehrswesens im Hinblick auf Ereignisfälle„. Damit beauftragt der Bund die Bundesbahnen (SBB) und die Postauto AG für den übrigen ÖV samt Tram zu dieser Koordination. Die SBB und die Postauto AG arbeiten ein Schutzkonzept aus. Dieses setzt auf Eigenverantwortung und Solidarität der ÖV Nutzer.
Doch wie kriegen wir eine kritische Masse an Leuten dazu, die das Tragen von Schutzmasken als sinnvoll und vernünftig erachten und demzufolge eine im Bus oder Tram aufziehen? In dichtbesiedelten Gebieten wie um Zürich herum herrschen andere Verhältnisse als in Randregionen.
Das Tragen wurde nicht klarer, weil der Bund am Anfang der Krise die Maske nicht empfahl, primär weil die Schweiz davon zu wenig hatte. Heute ist die Situation anders. Doch die meisten Leute sehen heute nicht mehr ein, warum sie einen Mund-und-Nasenschutz tragen sollten.
P.S. 2015 waren 168,800 FFP2- und FFP3-Masken, die sich für den Einsatz im Gesundheitswesen eignen, in der Pflichtlagerhaltung. Auch Ende 2019 präsentierte sich die Anzahl unverändert. Schon 2015 wurde der Bund aufgefordert, die Menge der Masken zu erhöhen. Denn wie sich während der Pandemie gerausgestellt hat, waren es viel zu wenige Masken für das schweizerische Gesundheitswesen. Wissen der Sachlage ist das Eine, die Situation zu verbessern etwas ganz anderes.
Fazit: Datengesteuertes Krisenmanagement muss sich den Gegebenheiten anpassen
Ein Blick in die Welt zeigt eine weitere Problematik. Kurzfristige Wahlversprechen Kosten zu senken können zu langfristigen Auswirkungen führen, welche bei der Bekämpfung einer Pandemie die Schwächen eines Systems klar aufdecken. Mit schlimmen Konsequenzen. In der UK wurde seit 2010 die Anzahl der Vollzeitangestellten beim Regulator „The Health and Safety Executive“ auf 2,400 runter gefahren. Diese inspizieren unter anderem landesweit die Altersheime. Die Anzahl der lokalen Inspektoren, welche Lager, Läden und Restaurants kontrollierten, wurde um gut 50% gestrichen. Heute sind es noch 480 Vollzeitstellen insgesamt. Auch in den USA war die Anzahl der Inspektoren für Gesundheit und Sicherheit am Arbeitsplatz seit 1970 nicht mehr so tief wie heute.
Ohne Personal für die notwendigen Inspektion in Sachen Einhaltung von Gesundheits- und Sicherheitsregeln in Spitälern, Altersheimen, Restaurants, usw. kann nicht sichergestellt werden, dass die Regeln von allen richtig und zum Schutz aller umgesetzt wurden.
Schlussfolgerungen
Dieser Beitrag zeigt, dass die Gefahr gross ist, komplexe Zusammenhänge durch oberflächliche Kategorisierungen zu simplifizieren, wie dies mit dem Global Health Security Index geschieht. Auch in einer globalisierten Welt gibt es kulturelle Eigenheit und in grossen Ländern regionale Unterschiede. In Krisensituationen werden einem immer wieder die Schwächen eines Systems aufgezeigt. Für die Versäumnisse müssen wir dann immer bezahlen, vor allem wenn wir die uns bekannten Risiken nicht ausgemerzt haben (Bsp. Datenübermittlung der Coronavirus Fälle handschriftlich per FAX).
A Datengesteuerte Krisenkommunikation braucht „gute“ UND öffentliche Daten
Gemäss einer Recherche bei den Kantonen ereigneten sich mehr als 50% von den 1655 Covid-19-Todesfällen (BAG, Stand 29.5.20) in der Schweiz in Alters- und Pflegeheimen.
Diese Daten sind jedoch zum Teil ungenau, weil die Kantone Aargau, Baselland, Solothurn, Schaffhausen über keine Daten verfügen oder diese aber gemäss Recherche nicht publizieren. Die Kantone Uri und Jura haben z.B. auf eine Anfrage vom Tages-Anzeiger nicht reagiert.
Ohne genaue Zahlen hat weder eine offiziell verantwortliche Stelle noch die Öffentlichkeit die notwendigen Fakten, um die Krisensituation effektiv meistern zu können.
Eine Diskussion über oder aber die Überprüfung solcher Zahlen und deren Annahmen ist notwendig für ein effektives Risiko-Management. Dies umso mehr, da die obersten Entscheidungsträger*innen bei deren Arbeit solche Zahlen nutzen um unsere Sicherheit zu verbessern.
B Planung und Eliminierung von bekannten Risiken ist Pflichtprogramm für effektives Management
Gute Planung des Vorgehens in einer Krise ist, wie auch im Projektmanagement, wichtig. Dazu gehört Risikoanalyse und das Eliminieren oder Abschwächen der bekannten Risiken. Wenn Schwachstellen wie z.B. bei Datenerfassung und -übermittlung bekannt sind, sollen sie schnellstens beseitigt werden. Die bekannten Risiken nicht zu beseitigen kann als grobe Fahrlässigkeit interpretiert werden.
Auch die viel zu niedrige Anzahl der Schutzmasken (d.h. zu wenig wurden gelagert) war seit Dezember 2005 in der Schweiz bekannt. Getan wurde nichts weil weder Bund noch Kantone die zusätzlichen Kosten übernehmen wollten. Man rechnet nicht im Voraus mit einer Krise, dennoch sollen Staaten vorbereitet sein. Just in case.
Es ist schön, wenn externe oder interne Consultants Analysen erstellen und Schwachstellen aufzeigen. Was wichtig ist, ist dann die tatkräftige Umsetzung der Empfehlungen und das Entschärfen der Risiken aus den aufgezeigten Schwachstellen (z.B. Datenübermittlung Fax, schlechte Finanzierung von Spitälern auf dem Lande in den USA). So etwas soll nicht über Jahre hinweg ignoriert werden. Es lohnt schlichweg nicht.
C Gut verpackte Data-driven Digitale Kommunikation ist Pflichtprogramm
Optimal datengesteuertes Krisenmanagement bedingt, dass wir unsere Informationen gemäss Vorteilen von verschiedenen Kommunikationskanälen und Kundenbedürfnissen aufbereiten. Beispiel sind die BAG Tweets mit Grafiken (siehe unten links). Das ist schon mal richtig gemacht. Doch, diese URLs führen zur BAG Hauptseite aber nicht direkt zu den Texten/Grafiken, welche im Tweet angezeigt werden. Der Nutzer muss sich hier auf der Seite zurechtfinden. Das ist wirklich schade. Weder Usability (Nutzerfreundlichkeit) noch das nutzen von Grafiken und Visuals ist optimal. Die Navigation braucht zuviel Zeit (siehe auch Fallbeispiel BAG und Corporate Communication #bigfail).
Die Coronakrise zeigt, dass es in der Schweizer Bundesverwaltung auch anders geht. Beispiel ist die Armee. Diese versucht mit regelmässigen Nachrichten, auch wenn die zu nutzende Plattform dazu nicht geeignet ist, das Leserengagement und Verbreiten der Beiträge in Social Media zu verbessern.
Fazit: 3 Punkte zur Verbesserung des datengesteuerten Krisenmanagement
Erinnern wir uns, die Frage des Teenagers lautete: „Wie können wir Pandemien zukünftig besser managen?“ Die Antwort kann man in 3 Punkten zusammenfassen.
- Starke Regulierungsbehörde: Die Coronakrise hat in verschiedenen Ländern wie z.B. in UK gezeigt, dass eine starke Regulierungsbehörde nicht der Feind einer gesunden Wirtschaft ist, sondern eine Voraussetzung dafür. Ohne Kontrolle kann nicht sichergestellt werden, dass Regeln und Vorschriften richtig und durchgehend angewendet werden. Ohne diese Sicherheit könnte z.B. die Bevölkerung in Deutschland oder der Schweiz nicht mit Zuversicht nach den Lockdown-Erleichterungen wieder ins öffentliche Leben und an ihren Arbeitsplatz zurückkehren.
- Datenauswertung und Umsetzung der gewonnenen Erkenntnisse: Dank Daten haben wir Schwachstellen entdeckt. Beispielsweise, dass die Pflichtlager für medizinische Schutzmasken nicht ausreichend bestückt sind um den Bedarf der schutzbedürftigen Bevölkerung zu decken. Kritisch scheint uns, dass wir solche Informationen nutzen um die bekannten Schwachstellen zu eliminieren. Wenn wie oben aufgezeigt, solche Risiken über Jahre hinweg ignoriert werden, scheint uns ein solches Verhalten unverantwortlich.
- Strategie zur Risikominimierung: Langfristig müssen wir uns einer Diskussion und Umsetzung stellen, die aufzeigen kann, wie z.B. die prekäre finanzielle Situation von Landspitälern (USA), das Vorhandensein von zu wenig Gesundheits- und Sicherheitsinspektoren (UK) oder der ungenügenden Digitalisierung bei der Datenerhebung im Falle einer Pandemie (CH) verbessert werden können. Wenn wir nur darüber diskutieren und die notwendigen Änderungen jedoch nicht umsetzen, haben wir diese wichtige Chance, ein datengesteuertes Krisenmanagement zu führen, nicht genutzt. Die ersten Resultate sollen innerhalb von 12 Monaten – bis Mai 2021 – vorliegen. Diskussion und Berichte müssen zu Verbesserungen führen.
Pandemiepläne dürfen auch nicht zu detailliert sein, zu starr. Denn in der Praxis zeigt sich, eine Pandemie lässt sich schlecht planen – Bsp. Schweiz-NZZ. Ebenfalls bringt es wenig, wenn eine Eidgenössische Prüfungskommission für das Medizinstudium dem Bundesrat Vorschläge unterbreitet und dieser die Vorschläge zu 100% ignoriert. Er ändert wegen Corona Spielregeln und verlangt von Medizinstudenten, dass sie sich in einem sechs Wochen dauernden Praktikum beweisen anstatt eine praktische Prüfung abzulegen um das Diplom zu erhalten.
Die bestplatzierten USA und die auf Rang 2 platziertes UK haben gemäss dem Global Health Security Index eine sehr gute Pandemie- und Epidemievorsorge. Doch die COVID-19 Pandemie hat uns gezeigt, dass deren Gesundheitssysteme frappante Schwachstellen haben und stellt somit das gesamte Ranking in Frage.
Interessante Studie
Wissenschaftler haben das Ausmass einer möglichen zweiten Pandemie-Welle in der Schweiz vorausberechnet. Wie sie verläuft, hängt mutmasslich vom Verhalten der Jugendlichen von 10 – 20 Jahren ab. Diese tragen aufgrund ihrer häufigeren Sozialkontakte stark zur Verbreitung des Virus bei. 35- bis 45-Jährige ebenfalls überdurchschnittlich und die Senioren sind unterdurchschnittlich daran beteiligt. Wird die Übertragungswahrscheinlichkeit in den Schulen durch konsequent eingehaltene Abstands- und Hygieneregeln halbiert, sänke die Zahl zusätzlicher Todesfälle in der Bevölkerung von 5,000 auf weniger als 1,000. Schlimmstenfalls könnten 5,000 Menschen sterben.
- Pressemitteilung der ETH Zürich
- Balabdaoui F, Mohr D (2020-05-13). Age-stratified model of the COVID-19 epidemic to analyse the impact of relaxing lockdown measures: nowcasting and forecasting for Switzerland. Medrxiv, DOI: 10.1101/2020.05.08.20095059
Was denken Sie, lassen Sie es uns wissen in einem Kommentar. Gibt es andere Schwachstellen, die Ihnen aufgefallen sind?
Wir brauchen mehr und bessere Studien wie diese aus der ganzen Welt, damit wir die richtigen Lehren aus der Coronakrise ziehen können.